Tag 7: Rethymnon: Fortezza und archäologisches Museum
Sonntag, 7.10.2001 |
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Eines gleich vorweg. Man muß schon sehr achtgeben, um Zeichen für einen Sonntag im Straßenbild festzustellen. Doch gibt es einige: Gegen halb neun läuten die Glocken einer Kirche, auf den Straßen weniger los, in abgelegenen Straßen die Geschäfte geschlossen und viele, junge Griechen in Cafés um die Fortezza von Rethymnon herum.
An sich ist dieser Tag als Ruhetag nach der Kreuzfahrt angelegt, da wir aber den Eindruck haben, als würden wir zu wenig machen, erschließen wir Rethymnon noch ein wenig kulturell. Der Weg in die Altstadt ist kaum der Rede wert, wir trinken Kaffee und Frappe in einem Café am Grimaldi-Brunnen, wo es kein Wasser zu den anderen Getränken gibt, es zu heiß ist und dann die sanitären Einrichtungen zu wünschen übrig lassen - nicht verschließbare Toilettenhäuschen und Pissoirs neben Waschbecken, naja, halt nicht mehr ganz Mitteleuropa.
In
der prallen Sonne bei zu hohen Temperaturen geht's an einer Onyx-Schleiferei zur Fortezza aus venezianischer Zeit vorbei. Den Eintritt hätten wir uns fast sparen können, weil die Torwächterin anderswo herum turnte. Und dann guckten wir hier und dort. Wir wissen wissen ja nicht, ob das schon immer der Fall gewesen ist, aber der Boden war ein sandiger und die Kiefern zahlreich, gut begehbare, gepflasterte Wege sind eine Seltenheit, das dürfte bei einer funktionsfähigen Anlage anders gewesen sein. Ein Ampitheater ist wohl eine neuzeitliche Ergänzung für die Stadtbevölkerung. Das interessanteste Gebäude ist die nachträglich von den türkischen Eroberern erbaute Moschee. Vom Minarett, an der Westseite gelegen, ist nur ein circa zwei Meter hohes Basisstück erhalten, dieses ist um die Mittagszeit ein angenehmer Schattenspender. Die Moschee dient nun als Ausstellungsplattform ortsansässiger Künstler, über Kunst läßt sich ja bekanntlich trefflich streiten, ich enthalte mich also eines Kommentars über die Kunstwerke, an der Galerie mit weiteren Ergebnissen des künstlerischen Schaffens kommen wir auf dem Abstieg zur Altstadt vorbei. Zurück zur Moschee, eine künstlerische erhaltenswerte Gebetsnische ist nicht abgesperrt und barbarisch mit Kritzeleien in Griechisch versehen, der Sprache jenes Volkes, das die Grundlage für die abendländische Kultur bildet - aber einige spät geborene Zeitgenossen scheinen sich kaum für Kultur zu interessieren, nein, Vandalismus scheint manchen Subjekten eher in den Sinn zu kommen. In zwei Gebäuden - andere waren nicht zugängig - befanden sich Ikonostasen und Opferstöcke. Im übrigen hätten diese einfach gestohlen werden können. Eine künstliche Höhle wird von Touristen offenbar als Toilette mißbraucht, traurig, denn am Eingang befindet sich auch eine. Bereits leicht von der Hitze angeschlagen - es ist wohl halb eins - wird eine Trink- und Rauchpause eingelegt. Als die Schnürsenkel des Verfassers offen sind und er diese wieder zubinden will, legt er seinen Photoapparat zu Boden, woraufhin eine Bodenerhebung den Film zurück spult. C'est la vie.
Anschließend geht es
zum kulturellen Höhepunkt des Tages: Das gegenüber in einem ehemaligen Gefängnis gelegene Archäologische Museum von Rethymnon, in dem Fundstücke aus dem Regierungsbezirk Rethymnons vom Neolithikum bis zur Römerzeit ausgestellt sind. Dies zwar nur in einem Saal, aber es gibt einige gravierende Vorteile gegenüber zum AMI (Archäologisches Museum Iraklion): Ausführliche Erläuterungen auf Englisch und Neugriechisch zu den diversen Epochen, frei stehende Exponate, etwas tönerne Lakarkes, Sarkophage aus minoische Zeit. Über die 3500 Jahre alten Keramikarbeiten können wir nur staunen. Münzen aus verschiedenen Jahrhunderten römischer Herrschaft. Buntes Glas aus Römerzeit, seit wann gibt es eigentlich Glas? Oder Spiegel? Mit seinen wenigen Ausstellungsstücken hinterläßt dieses Museum einen bleibenderen Eindruck als das AMI, wo man doch irgendwann abschaltet bei so viel Dingen. Und weil auch viel weniger Touristen zugegen sind, konnte man auch viel mehr mitnehmen an Erinnerung. Wo Licht ist, ist aber auch Schatten: Eine Horde US-amerikanischer Teenager fällt mit erwachsener US-Touristenführerin ins Museum ein, laute, unqualifizierte Bemerkungen, aber immerhin machen sie nichts kaputt. In wenigen Minuten ist der Spuk vorbei - es gibt schon hier genügend zu sehen, wofür man sich Zeit lassen sollte. Aber, so herrscht wieder Ruhe im Museum. Kurz danach, als wir gerade dabei sind, das Museum zu verlassen, fällt noch eine kleine Horde Touristen ein: Nackter Oberkörper, Handtuch über der Schulter, und dann langen die Leute auch noch die 2000 Jahre alten Statuen an. Leider hatten wir keine Kettensägen dabei, so entscheiden wir uns, den Ort diskret zu verlassen.
Was dann, nun, da ist ein vor Schmerzen jaulender Hund in den Straßen, Pita Gyros, zum Mißfallen der Weiblichkeit natürlich mit Knoblauch, der anschließende Liebesentzug - selber Schuld - dauert mehrere Tage und kann nur langsam durch das Trinken mehrerer Tetrapacks Ziegenmilch abgemildert werden. Geschmolzenes und wieder gefrorenes flüssiges "Speiseis" - Tiefkühlung hilft bei direkter Sonneneinstrahlung auch nicht viel - war auch nicht der Hit. Sichtlich mitgenommen von der Sonne muß in einem überwiegend von Backgammon spielenden jugendlichen Griechen bevölkerten Café ein Emergency Break eingelegt werden.
Nach einer etwas längeren Pause geht es dann zu Fuß zurück ins Hotel, es wird doch kein Taxi genommen. Demzufolge wird aber auch nicht mehr viel unternommen, die Ereignisse der letzten Tage werden zusammengefaßt und in einem frisch erworbenen Schreibheftchen notiert. Zu Beginn des Abendessens fällt ein Pärchen auf, das einen Tisch trotz Absperrung vor 18 Uhr 30 "besetzte" und dann dennoch schon um 18 Uhr 30 einnimmt. Solche Leute muß es offenbar auch geben. Weil auch alle Leute immer schon so früh verhungert sind, findet man eine Stunde später kaum ein Plätzchen. Unter Murren akzeptiert die nun ausgetauschte und mehr Lärm machende Bedienung, daß man zu zweit außen einen Sechser-Tisch einnimmt. Wieder auf dem Balkon angelegt wollen wir noch eine Flasche kretischen Rotweins trinken, das mißlingt aber leicht. Mit Hilfe der Korkenzieher der griechischen Bedienungen gelangen wir doch noch in den Trinkgenuß, so daß ein lauschiger Abend daraus wird.